Geschäftsveräußerung in der Umsatzsteuer
Veräußert ein Unternehmer seinen Betrieb an einen anderen Unternehmer, erbringt er zahlreiche Einzelleistungen, wie z. B. die Übereignung von Vermögensgegenständen und die Übertragung von Rechten. All diese Leistungen unterliegen nicht der Umsatzsteuer, wenn es sich um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen handelt.
Übertragung eines Unternehmens im Ganzen
Ein solcher nicht steuerbarer Vorgang liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Hierfür müssen die übertragenen Wirtschaftsgüter ein hinreichende Einheit bilden, um für den Erwerber die Fortführung des erworbenen Unternehmens, wie vom Veräußerer zuvor betrieben, zu ermöglichen.
Auch die Übertragung eines einzelnen Grundstücks kann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen sein, insoweit es sich um ein Vermietungsobjekt handelt. Bei der Übertragung von nur teilweise vermieteten Grundstücken liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor,
wenn die nicht genutzte Fläche zur Vermietung bereitsteht und die Vermietungstätigkeit vom Erwerber für wesentliche Flächen fortgesetzt wird. Die Übertragung eines leerstehenden Gebäudes ist hingegen keine Geschäftsveräußerung im Ganzen.
Hinweis: Der Veräußerer muss seine unternehmerische Tätigkeit nicht aufgeben, damit eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt.
Konkretisierung der Grundsätze
Der Bundesfinanzhof hat im Rahmen zweier Urteile das,
für Geschäftsveräußerung im Ganzen erforderliche Merkmal der fortgeführten Unternehmertätigkeit für folgende Konstellationen, konkretisiert.
.. bei mehrstufige Übertragungen
Die für die Geschäftsveräußerung notwendige Fortführung der Geschäftstätigkeit muss bei einer im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehenden mehrstufigen Übertragung nur dem Grunde nach, nicht aber auch höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen. Weiterhin muss der Erwerber zum Zeitpunkt aller Stufenübertragungen umsatzsteuerrechtlicher Unternehmer sein.
.. bei Übertragung eines vermieteten Grundstücks
Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks führt zu einer nicht umsatzsteuerbaren Unternehmensveräußerung im Ganzen, wenn der Erwerber durch den mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in bestehende Mietverträge vom Veräußerer, ein Vermietungsunternehmen übernimmt. Das ist auch dann der Fall, wenn der Veräußerer ein Bauträger ist, der ein Gebäude erworben, saniert, weitgehend vermietet und sodann veräußert hat, falls im Zeitpunkt der Veräußerung infolge einer nachhaltigen Vermietungstätigkeit beim Veräußerer ein Vermietungsunternehmen vorliegt, das vom Erwerber fortgeführt wird.
Eine nachhaltige Vermietungstätigkeit ist widerlegbar anzunehmen, wenn
die Vermietungsdauer mindestens sechs Monate betragen hat. Keine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt bei einem Bauträger als Veräußerer vor, wenn die unternehmerische Tätigkeit des veräußernden Bauträgers im Wesentlichen darin besteht, ein Gebäude zu errichten und Mieter oder Pächter für die einzelnen Einheiten zu finden, um es im Anschluss an die Fertigstellung aufgrund bereits erfolgter Vermietung ertragssteigernd zu veräußern.
Anwendung: Die Regelungen gelten für alle offenen Fälle.
Quelle: BMF-Schreiben vom 16. November 2020, BFH vom 12. August 2015 (Az. XI R 16/14) und vom 25. November 2015 (Az. V R 66/14)