Schätzung nach Betriebsprüfung – wann kommt der Prüfer?
Die Außenprüfung durch das Finanzamt kann in verschiedener Form stattfinden. Im Regelfall erfolgt, im Rahmen einer routinemäßigen Betriebsprüfung, eine Gesamtüberprüfung der steuerlich relevanten Sachverhalte eines Unternehmens für einen bestimmten Zeitraum, regelmäßig drei bis vier Jahre. Die umfangreichen Sachverhalte von Unternehmen machen eine Kontrolle vor Ort notwendig. Denn nur so können ein Eindruck über den Betrieb gewonnen und effektiv die relevanten Belege überprüft werden. Abhängig von der Größe des Unternehmens, sind regelmäßige Überprüfungen als sog. Anschlussprüfung üblich. Bei Klein- und Kleinstbetrieben hingegen ist nur mit unregelmäßigen Außenprüfungen, teilweise nur alle 10 bis 15 Jahre zu rechnen.
Was ist eine Prüfungsanordnung?
Die Finanzbehörde kündigt den Umfang der Betriebsprüfung in einer schriftlichen Prüfungsanordnung an. Mit diesem Schreiben werden bereits der Name des Prüfers und der voraussichtliche Beginn der Prüfung genannt. Auch werden die Steuerarten – in der Regel die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer, die Gewerbesteuer sowie die Umsatzsteuer – und die zu überprüfenden Jahre genau bezeichnet. Neben der Betriebsprüfung gibt es jedoch auch die Möglichkeit der unangekündigten Lohnsteuer-Nachschau oder der Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Gerade bei der Lohnsteuer-Nachschau dürfen ohne Anmeldung auch die Geschäftsräume betreten und Lohnunterlagen eingesehen werden. Diese verkürzten und häufig punktuellen Prüfungen erfolgen meist dann, wenn der Betrieb auffällig geworden ist oder beispielsweise hohe Vorsteuerbeträge geltend gemacht werden.
Woran erkenne ich, ob eine Betriebsprüfung bevorsteht?
Doch auch bereits vor Erhalt der Prüfungsanordnung kann der Steuerberater bereits erkennen, ob sein Mandant bereits für eine Betriebsprüfung vorgesehen ist. Insbesondere Merkmale wie Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachprüfung lassen dies mitunter erkennen.
Hat die Prüfung begonnen, so sind per Gesetz Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen. Der Betriebsprüfer muss sich in angemessener Zeit einen Überblick über die besteuerungsrelevanten Sachverhalte machen können. Ist dies nicht möglich greift der Prüfer häufig zu schnell zum Mittel der Schätzung.
Wann kommt eine Schätzung in Frage?
Wann eine Schätzung erlaubt ist, wird durch die Abgabenordnung genau geregelt. Leider jedoch anhand einer Vielzahl von sog. unbestimmten Rechtsbegriffen, die wiederum durch eine langjährige Rechtsprechung ausgelegt wurden. Wann ist es dem Prüfer nicht mehr “zumutbar” weitere Belege einzusehen oder eigene Auswertungen vorzunehmen? Wann ist eine Buchführung “ordnungswidrig” und welche Nachweise der Betriebsprüfung reichen hierzu als Beleg aus?
In zwei aktuellen Urteilen des Finanzgerichts Düsseldorf kommen Schätzungen grundsätzlich nicht in Frage, wenn sowohl die Buchführung als auch das Kassenbuch ordnungsgemäß geführt werden und der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen der Betriebsprüfung nachkommt; d.h. insbesondere Rückfragen des Prüfers im üblichen Rahmen beantwortet. Bleiben jedoch Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit, bspw. wenn der Wareneinkauf nicht vollständig verbucht wurde und Kassenbons den Rückschluss auf unvollständige Umsätze erlauben, ist nach Ansicht der Richter eine Hinzuschätzung geboten.
Welche statistischen Schätzmethoden sind üblich?
Aufgrund der Möglichkeiten der elektronischen Belegprüfung sind statistische Prüfmethoden mehr und mehr im Einsatz. Einfache Plausibilitätsprüfungen oder der Abgleich mit sog. Richtsatzsammlungen sind Prüfungsschritte, mit denen sich auch die Beraterschaft in der Vergangenheit bereits intensiv beschäftigt hat. Neu hinzukommen neuerdings vermehrt Auswertungen nach dem Chi² Test oder dem Newcomb-Benford-Law. Anhand dieser Verfahren versuchen Betriebsprüfer vorsätzliche Manipulationen der Buchführung aufzudecken. Von statistischen Erfahrungen abweichend ermittelte Zahlenreihen sollen dies belegen.
Wie sollte auf Steuerschätzungen reagiert werden?
Werden diese Prüfungen mit entsprechendem Ergebnis vorgenommen, sollte nicht voreilig reagiert werden. Primär sind die Prüfungsergebnisse sowie die Schritte wie dieses ermittelt wurde unbedingt nachzuvollziehen. Ferner haben sich bereits die ersten Finanzgerichte mit derartigen Prüfungshandlungen beschäftigt und den Finanzämtern bereits erste Grenzen dieser Methoden aufgezeigt. Es ist danach nicht ohne weiteres möglich aufgrund statistischer Verfahren Besteuerungsgrundlagen höher zu schätzen.
Quellen: FG Düsseldorf vom 24.11.2017 (Az. 13 K 3811/15 und 13 K 3812/15 F)