Statistische Prüfmethoden
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat bereits mit Urteil vom 24. August 2011 (Az. 2 K 1277/10) entschieden, dass eine rein auf statistische Prüfmethoden basierte Verwerfung der Buchführung zum Zweck der Gewinnschätzung unzulässig ist. Im entschiedenen Fall musste der Unsicherheitszuschlag von 3.000 Euro bei den Umsatzerlösen vom Finanzamt zurückgenommen werden und die Gewerbesteuermessbescheide entsprechend angepasst werden. Die Kosten des Verfahrens hatte das Finanzamt zu tragen.
Umsatzschätzung durch die Betriebsprüfung
Die Klägerin hat als Einzelunternehmen mit Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich einen Friseursalon betrieben. Die durchgeführte Außenprüfung bemängelte insbesondere, dass die Kassenbuchführung durch das Computer-Programm “Lexware” formell nicht ordnungsgemäß sei. Die Kassenbücher seien in Form von Excel-Tabellen geführt worden; es fehlten Kassenberichte. Des Weiteren seien die von der Klägerin geführten Terminbücher nicht mehr vorhanden. Die Strukturanalyse mit “Chi-Test” hätte eine Manipulationswahrscheinlichkeit von 100 Prozent ergeben. Die erklärten Umsatzerlöse seien daher um jährlich 3.000 Euro zu erhöhen, da die gesetzlich geforderte Unveränderbarkeit der Kassenbucheintragungen nicht gewährleistet.
Beweislastumkehr greift nicht
Die vom Prüfer gerügten formellen Mängel bei der Kassenführung konnte das Gericht nicht nachzuvollziehen; sachliche Mängel wurden nicht festgestellt. Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht liegt gleichfalls nicht vor, weshalb die Buchführung und die Aufzeichnungen der Besteuerung zu Grunde gelegt werden konnten. Das Finanzamt hätte einen Nachweis erbringen müssen, dass das eingesetzte Kassenprogramm Manipulationen oder Veränderungen ohne erkennbare Stornobuchungen ermöglicht. Es ist nämlich nicht Sache der Klägerin darzulegen bzw. zu dokumentieren, dass das Lexware-Kassenprogramm Manipulationen und Änderungen nicht zulässt”. Der Nachweis einer Manipulationsmöglichkeit obliegt vielmehr dem Finanzamt.
Der Chi Quadrat Test
Die im Verfahren angeführte Manipulationswahrscheinlichkeit auf Grund des durchgeführten “Chi-Quadrat-Test” kann nicht zur Zuschätzungsbefugnis führen. Denn alleine der Test ist nicht geeignet, Beweise dafür zu erbringen, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß ist. Der Chi-Quadrat-Test untersucht Verteilungseigenschaften einer statistischen Grundgesamtheit und stellt eine Methode dar, bei der empirisch festgestellte und theoretisch erwartete Häufigkeiten verglichen werden. Er fußt auf dem Grundgedanken, dass derjenige, der bei seinen Einnahmen unzutreffende Werte in das Kassenbuch eingibt, unbewusst eine Vorliebe für bestimmte Lieblingszahlen hat und diese dementsprechend häufiger verwendet. Ausgehend von der Preisliste im Streitfall ergibt sich aber, dass naturgemäß die Zahl 0 wie auch die Zahlen 1, 4, 5 überdimensional häufig auftreten müssen (z.B. Fönfrisur: 15,- Euro; Färben: 25,- Euro bzw. 46,50 Euro; Fönen: 40,50 Euro).