Schreiben zur Rückwirkung der Rechnungsberichtigung
Das Bundesministerium der Finanzen ein Schreiben zur Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung und zum Vorsteuerabzug ohne Besitz einer ordnungsmäßigen Rechnung veröffentlicht.
Das Thema war in den letzten Jahren immer wieder Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen, weshalb wir nachfolgend die wesentlichen Inhalte des BMF-Schreibens darstellen:
Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs
Bei den Merkmalen des Vorsteuerabzugs ist nach formellen und materiellen Voraussetzungen zu unterscheiden. Eine materielle Voraussetzung ist, dass ein umsatzsteuerrechtlicher Unternehmer von einem anderen umsatzsteuerrechtlichen Unternehmer eine Leistung zum Zweck seiner besteuerten Umsätze erhält. Auf der anderen Seite ist die formelle Voraussetzung der Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung. Der Ausweis der Umsatzsteuer auf einer Rechnung ist nach Auffassung der Finanzverwaltung substantiell für das Übereinstimmen der Steuerbelastung beim Leistenden mit dem Vorsteuerabzug des Leistungsempfänger. Ein Vorsteuerabzug ohne das Vorhandensein einer Rechnung ist danach nicht möglich, da diese für den Vorsteuerabzug eine zentrale und kontrollierende Rolle inne hat.
Fehlende ordnungsgemäße Rechnung
Wenn eine Rechnung nicht ordnungsgemäß ist, also die oben genannte formelle Voraussetzung nicht erfüllt, und sie auch nicht korrigiert wurde, kann unter bestimmten Voraussetzungen doch noch ein Vorsteuerabzug vorgenommen werden. Hierfür muss der Leistungsempfänger einen andersartigen objektiven Nachweis erbringen, der einer ordnungsgemäßen Rechnung gleichsteht.
Ein solcher Nachweis sollen es der Finanzverwaltung ermöglichen, im Einzelfall simpel und eindeutig das Vorliegen bzw. Nicht-Vorliegen der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs zu bestimmen. Zweifel gehen hierbei zu Lasten des Leistungsempfängers.
Grundsätzlich kann damit allerdings der Nachweis einer Steuerbelastung nur durch Vorzeigen einer Rechnung oder deren Kopie erbracht werden, die die Steuerbelastung direkt ersichtlich aufzeigt. Ist dies nicht gegeben, würde zweifelhaft bleiben, ob in der Rechnung des Ausstellers Umsatzsteuer enthalten ist, die der Leistungsempfänger zu bezahlen hat. In der Praxis bleibt daher stets der Weg der Rechnungskorrektur bzw. der Berichtigung einer nicht vollständigen Rechnung.
Rückwirkende Rechnungsberichtigung
Falls für den Leistungsempfänger ein anderweitiger objektiver Nachweis anstelle einer Rechnung nicht erbringbar ist, kann er eine korrigierte Rechnung im Sinne des § 31 V UStDV vorlegen. Der leistende Unternehmer kann grundsätzlich eine Rechnung stornieren und einen neuen Beleg ausstellen.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung muss muss eine (fehlerhafte) Rechnung jedoch bereits folgende fünf Kriterien erfüllen, damit eine rückwirkende Korrektur in Frage kommt:
a) Angaben zum Rechnungsaussteller
b) Angaben zum Leistungsempfänger
c) Angaben zur Leistungsbeschreibung
d) Angaben zum Entgelt
e) Angaben zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer.
Es genügt, wenn diese Angaben in der fehlerhaften Rechnung enthalten und nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder direkt ersichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichrangig sind. In diesen Fällen akzeptiert die Finanzverwaltung keine rückwirkende Korrektur im Sinne von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO.
Sollte eine Rechnung zunächst einen sehr kleinen oder keinen Umsatzsteuerbetrag ausgewiesen haben, stellt der spätere Steuerausweis keine Rückwirkung da.
Sonderfall Reverse Charge
Weist die Rechnung in einem vermeintlichen § 13b-UStG-Fall auf den Übergang der Steuerschuld (sog. Reverse-Charge-Fall) hin, so kommt dem nachträglichen Ausweis von Umsatzsteuer doch Rückwirkung zu. Die Finanzverwaltung lässt somit den Verweis auf § 13b UStG in der fehlerhaften Erstrechnung als Angabe der Steuerbelastung genügen.
Anwendung und Wirkung einer Rechnungsberichtigung
Kommt es zu einer rückwirkenden Rechnungsberichtigung, so hat eine Korrektur der Voranmeldungen zu erfolgen, wenn die Berichtigung im gleichen Jahr erfolgt. Bei Rechnungsberichtigungen, die sich auf Vorjahre beziehen, ist vereinfachungshalber die Jahreserklärung zu korrigieren.
Die Grundsätze des BMF-Schreibens sollen grundsätzlich auf alle offenen Fälle angewendet werden.
Quelle: BMF-Schreiben v. 18. September 2020 (III C 2 – S 7286-a/19/10001)