Umsatzsteuer: steuerpflichtige Energielieferung keine (nicht steuerbare und steuerfreie) Nebenleistung mehr?
Bislang gilt, dass die Lieferung von Heizwärme und Wasser, die Überlassung von Waschmaschinen und die Reinigung von Gemeinschaftsflächen als sog. steuerfreie Nebenleistung zur Wohnraumvermietung anzusehen sind. Nun hat jedoch in erster Instanz das Finanzgericht Münster entschieden, dass durch den Vermieter an den Mieter erbrachte Energielieferungen nicht als Nebenleistungen zur steuerfreien Wohnungsvermietung, sondern als steuerpflichtige Hauptleistungen anzusehen sind.
Im konkreten Sachverhalt vermietet die Klägerin in 2016 ein Grundstück ein Zweifamilienhaus, die Mieter leisten monatliche Vorauszahlungen für Heizung und Warmwasser, die dann turnusgemäß jährlich abgerechnet werden. Mit Installation einer neuen Heizungsanlage erhielten die Mieter die Möglichkeit, die Heizungs- und Wassertemperaturen individuell zu regulieren und bei Beschwerden den Anlagenhersteller direkt zu kontaktieren. Ferner wurden Einzelzähler zur Erfassung der Wärmemengen installiert. Die Klägerin verzichtete fortan auf die Kleinunternehmerregelung, erklärte steuerpflichtige Umsätze aus den Energielieferungen an die Mieter und machte die Vorsteuer aus Installation der Heizungsanlage sowie den Gaslieferungen geltend. Das Finanzamt behandelte die Energielieferungen als unselbstständige Nebenleistungen zu den steuerfreien Wohnungsvermietung und erließ es einen Nullbescheid zur Umsatzsteuer 2016.
Leitsätze der Finanzrichter
Die Energielieferungen sind im konkreten Sachverhalt keine unselbständigen Nebenleistungen zu der steuerfreien Vermietungsleistung. Das Finanzgericht stützt sich dabei auf höchstrichterliche EU-Rechtsprechung, die gilt, wenn Energielieferungen gesondert abgerechnet werden und wenn die Mieter den Verbrauch individuell regeln können. Unschädlich ist dabei, wenn der Vermieter den Energieversorger auswählt oder wenn ein Teil der Nebenkosten nach der Wohnfläche berechnet wird.
Hinweis: Der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung gilt für das gesamte Kalenderjahr, wodurch die Energielieferungen dann für das volle Jahr als steuerpflichtige Hauptleistung anzusehen ist.
Quelle: FG Münster v. 6.4.2021 (Az. 5 K 3866/15 U, Rev. anh. beim BFH unter Az. V R 15/21). EuGH v. 16.4.2015 (Az. C 42/14).