Die aktuelle Regelung zur Verzinsung von Steuernachforderungen bzw. Erstattungen ist bereits seit 2014 verfassungswidrig. Nun hat das Bundesfinanzministerium hierzu Stellung bezogen.
Bisherige Verzinsung von Steuerbeträgen
Als Steuerzinsen werden vom Finanzamt Steuernachzahlungen sowie Steuererstattungen (genau: “Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis”) berechnet. Folgende Zinsen sind hierbei von der Abgabenordnung vorgesehen:
- Zinsen auf Steuererstattungen oder Steuernachforderungen (sog. Vollverzinsung)
- Stundungszinsen
- Zinsen auf Aussetzung der Vollziehung (sog. AdV-Zinsen)
- (Steuer-) Hinterziehungszinsen
Für Steuernachforderungen verlangt das Finanzamt eine Verzinsung von 0,5 % / Monat, also immerhin 6 % / Jahr auf die Steuern, die nachträglich zu entrichten sind. Aber auch im umgekehrten Fall, wenn also das Finanzamt zu viel gezahlte Steuer erstatten muss, werden Zinsen fällig. Die Zinsen fallen erst dann an, wenn sich die Festsetzung der Steuer um mehr als 15 Monate nach Ablauf des betreffenden Jahres verzögert, wenn also ein Teil der Steuern erst im Nachhinein entrichtet werden kann bzw. die zu viel gezahlten Steuern zu lange beim Fiskus liegen.
Hinweis: Für die Jahre 2019 und 2020 galt Corona bedingt eine längere Karenzzeit.
Höchstrichterliche Entscheidung zur Neuregelung
Die Verfassungswidrigkeit der Höhe der Steuerzinsen war bereits seit längerem kritisiert. Das Bundesverfassungsgericht hat im Urteil nun entschieden, dass die Regelung zu den Zinsen ab Januar 2014 verfassungswidrig ist, weil der Zins seitdem nicht mehr marktüblich ist. Allerdings ist das bisherige Recht für Verzinsungszeiträume, die bis ins Jahr 2018 fallen, weiter anwendbar, so die Richter. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung für die Zinszeiträume ab Januar 2019 zu treffen. Die Neuregelung ist dann auf alle noch nicht bestandskräftigen Zinsfälle anzuwenden, so das Urteil.
Das Bundesfinanzministerium hat im Hinblick darauf bereits die Aussetzung der Vollziehung von Steuerzinsen wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit verfügt. In der Praxis werden Zinsfestsetzungen im Hinblick auf die Neuregelung (vorläufig) nicht veranlagt. Steuerbescheide ab 2019 können in diesen Fällen nach Inkrafttreten der Neuregelung durch das Finanzamt überprüft und ggf. mit einer Festsetzung von Steuerzinsen veranlagt werden.
Für Zeiträume bis 2018 bleibt es bei den 6 %.
Quelle: BMF-Schreiben vom 17.09.2021